Mitt.VdHK 2/04 München
Rezente
bis subfossile Schnecken aus der Einhornhöhle Von
Walter Wimmer und Ralf Nielbock Einleitung Aufgrund
des vermeintlichen Einhorns war die Wirbeltierfauna der Einhornhöhle
schon immer im Interesse von Knochensammlern und Forschern. Fossile
Knochen und Zähne von Höhlenbären, Wölfen, Wollhaarnashörnern, Höhlenlöwen
und weiteren Großsäugern waren leicht zu finden. Kleinsäuger und
Wirbellose rückten erst in den letzten Jahrzehnten in das besondere
Interesse der Höhlenforscher (Hartmann, 2004; Nielbock, 2004). Unter
den Wirbellosen der Einhornhöhle spielen Schnecken in der Literatur
bisher kaum eine Rolle. Lediglich zwei Arten werden namentlich erwähnt.
Lengersdorf (1932) führt Arion
empiricorum Fér. an und Mühlmann (1943) nennt Carychium
minimum (O.F. Müller, 1774). Jacob-Friesen, der 1925/26 den später
nach ihm benannten Jacob-Friesen-Gang ausgegraben hatte, nennt in seiner
Fossilliste einer Kaltzeitfauna am Ostende des neuen Ganges auch die Lösschnecken
Succinea oblonga [=
Succinella oblonga (Draparnaud,
1801)] und Helix hispida [=
Trichia hispida (Linnaeus, 1758)], bestimmt von Max Schlosser
aus München (Jacob-Friesen, 1926). Schlosser hatte auch das umfangreiche
Material inklusive Schnecken aus der nahen Steinkirche bestimmt. Bei
Sedimentuntersuchungen in den 1980er Jahren (Nielbock, 1989) wurden im
„Kellergang“ an drei Probestellen (Abb. 1 u. 2) auch zahlreiche
Schnecken-Gehäuse geborgen Dieses Material wurde jetzt ausgewertet und
soll im Folgenden kurz vorgestellt und diskutiert werden. Systematik und
Nomenklatur folgen Falkner (1990).
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Grabungsschnitte im
Kellergang
In den
Jahren 1995/86 begann das Geologische Institut der TU Clausthal mit neuen
paläontologischen Untersuchungen in
der Einhornhöhle. Hierbei wurden erstmals überhaupt Fossilien
stratifiziert aus ungestörten Sedimenten entnommen. Durch das Sieben des
kompletten Materials konnten so erstmals auch Kleinsäuger und Fossilien
anderer Kleintiere nachgewiesen werden (Nielbock 1987). Zwei der
Sondageschnitte wurden unter der Zugangstreppe zur Blauen Grotte im sog.
Kellergang angelegt (Abb. 1).
Als Kellergang werden vier Gangspalten am heute südwestlichen Ende der
Einhornhöhle bezeichnet, in die der meterhoher Sedimentkegel zweier
Deckeneinstürze hinein fächert. Noch heute fällt
permanent Oberflächenmaterial in die Höhle hinein und lässt
diesen Kegel anwachsen. Durch die Sedimentansprache, die Artefakte und die
Kleinsäugerarten wurde in dem flachgründigen Schnitt A-B eine
Schichtenabfolge erkannt (Abb. 2). Als oberstes Sediment tritt ein mit
Tongefäßen und Glasscherben durchsetzter Lehm auf. Im oberen Bereich ist
diese Kulturschicht humoser (KG3). Der Schnitt C-D in der östlichsten
Gangspalte zeigte zunächst eine rezente humose Schicht. Darunter ist ein
mit Holzkohle durchsetzter brauner Schluff mit Kleinsäugerarten aus
feucht-gemäßigtem Waldklima aufgeschlossen (KG5), aufliegend auf einem
dunkelbraunen festen Ton. Der Ton wurde wahrscheinlich im Altholozän bei
feuchtkaltem Klima gebildet. Das Liegende bildet ein
Dolomitschutt-Horizont. Die
Wirbeltierfunde sind als rein holozänes Material – rezent bis subfossil
– anzusehen, wobei die Probe KG7 mit Alpenspitzmaus und Lemming noch
Arten der Nacheiszeit enthält. Aus den Schlämmrückständen dieser drei
Aushübe wurden als Beifunde auch Schnecken-Gehäuse ausgelesen (Abb. 3). |
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Abb.1 | ||
Abb.2 | ||
Abb.3 | ||
Die
Arten Insgesamt
wurden 30 verschiedene Landschnecken-Arten aus Sedimenten der Einhornhöhle
nachgewiesen. Im Probenmaterial waren ausschließlich Gehäuseschnecken
enthalten, die als Wald bewohnende Arten auch heute noch im Südharz
vorkommen. Wasserschnecken
fehlten (Tab. 1). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Schnecken
durch den Deckeneinsturz in die Höhle gelangt sind. Zu klären, welche
der Arten noch im direkten Umfeld der Höhle vorkommen, bleibt künftigen
Untersuchungen vorbehalten. Einige der Arten leben regelmäßig auch in Höhlen
und könnten auch die Einhornhöhle dauerhaft besiedeln. In diese Gruppe
gehören besonders Vitrea contracta und Oxychilus
cellarius, aber auch Discus
rotundatus. Als Nahrungsquelle spielt in Höhlen Fledermauskot eine
besondere Rolle. Hierauf bezogen bezeichnet Lengersdorf (1932) O.
cellarius als „guanophil“. Für die Gerstenberger Höhle führt
Lengersdorf (1930) 13 Schnecken-Arten an, die über Gehäusefunde an
Fledermauskot nachgewiesen werden konnten. Anmerkung
zu den bisher für die Einhornhöhle genannten Schnecken: Bei dem
von Lengersdorf erwähnten Arion
empiricorum Fér. bleibt es noch zu klären, ob es sich um Arion
ater (L.) oder A. rufus (L.)
handelt. Aufgrund der Biotopstrukturen im Umfeld der Einhornhöhle liegt
die Vermutung nahe, dass es sich bei der von Mühlmann (1943) erwähnten Carychium
minimum (O.F. Müller, 1774) um C.
tridentatum handelt, da diese eher in Wäldern vorkommt, während C.
minimum an dauernd nasse Lebensräume gebunden ist. Weitere
Sedimentuntersuchungen würden sicher noch zusätzliche Arten als Gehäuse-Funde
erbringen. Bei der gezielten Untersuchung der aktuellen Schneckenfauna in
der Einhornhöhle ist zudem mit dem Nachweis verschiedener
Nacktschnecken-Arten zu rechnen. Literatur Falkner, G. (1990): Binnenmollusken. In: Fechter, R. & Falkner, G.: Weichtiere. Europäische Meeres- und Binnenmollusken. – Steinbachs Naturführer, 10: 112-280. München. Hartmann,
R (2004): Die wirbellosen Tiere der Einhornhöhle. – Unser Harz 2/2004,
52.Jg.: 35-36. Clausthal-Zfd. Jacob-Friesen,
K. H.
(1926):
Die Einhornhöhle bei Scharzfeld, Kreis Osterode a. Harz.- Führer zu
urgeschichtlichen Fundstätten Niedersachsens, Nr. 2 (S. 27/28); Hannover Lengersdorf,
F. (1930): Funde recenter Höhlentiere aus dem Harz. – Mitt. Höhlen-
und Karstforschung 1930: 132-134. Lengersdorf,
F. (1932): Die lebende Tierwelt der Harzer Höhlen. – Mitt. Höhlen- und
Karstforschung, 1932: 53-66. Mühlmann,
H. (1943): Verzeichnis sämtlicher bisher in Harzer Höhlen und Bergwerken
gefundener Metazoen. – Zeitschrift für Karst- und Höhlenkunde,
1942/43: 184-216. Nielbock,
R. (1987): Holozäne und jungpleistozäne Wirbeltierfaunen der Einhornhöhle/Harz.
- Dissertation TU Clausthal: 194 S.; Clausthal-Zfd. Nielbock,R.
(1989): Die Tierknochenfunde
der Ausgrabungen 1987/88 in der Einhornhöhle bei Scharzfeld. – Archäologisches
Korrespondenzblatt 19: 217-23O; Mainz. Nielbock,
R. (2004): Tiere der Eiszeit in der Einhornhöhle. - Unser Harz 2/2004,
52.Jg.: 25-26. Clausthal-Zfd. |
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Anschrift
der Verfasser: Dipl.-Biol.
Walter Wimmer, Am Spring 14, 38259 Salzgitter-Lobmachtersen Dr.
Ralf Nielbock, Im Strange 12, 37520 Osterode am Harz |
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Wir danken der Schriftleitung
der Mitteilungen des Verbandes deutscher Höhlen- und Karstforscher für die
freundliche Genehmigung, diesen
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